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Porträtfoto Dr. Marcus Lau

Büro Hitschfeld im Gespräch mit Dr. Lau

Zur Person:
Name: Dr. Marcus Lau
Alter: 42
Wohnort: Großpösna
Beruf: Rechtsanwalt
Tätigkeit: Beratung/Projektmanagement, vor allem im Umwelt- und Planungsrecht
Hobbys: Ju-Jutsu, Brazilian Jiu-Jitsu

… Jetzt mal ehrlich, was haben uns alle Mühen, Diskussion und Aktivitäten in puncto Bürgerbeteiligung und Akzeptanz in den vergangenen Monaten und Jahren gebracht? Trotz vieler und breiter Diskussions-, Informations- und Beteiligungsformate ist unser Umfeld polarisierter denn je. Wo stehen wir – Ihrer Meinung nach – heute mit diesem Anliegen und wo soll das künftig hingehen?

Es entspricht auch meiner Beobachtung, dass die Polarisierung zugenommen hat. Da gleichzeitig in vielen Bereichen die Formate der Bürgerbeteiligung verbessert und ausgeweitet worden sind, könnte man in der Tat annehmen, dass das alles gar nichts bringt. Dies wäre meines Erachtens jedoch zu kurz gegriffen. Ich bin seit über 15 Jahren im Umwelt- und Planungsrecht tätig und jedenfalls für diesen Bereich, also insbesondere für die großen Infrastrukturvorhaben und die Bauleitplanung, kann ich sagen, dass die Qualität der Entscheidungen gerade auch dank der Bürgerbeteiligung deutlich besser geworden ist. Zugleich habe ich in jüngerer Zeit nicht mehr erlebt, dass eine Entscheidung so getroffen worden ist, wie sie ursprünglich ins Verfahren gegangen war. Vielmehr gab es wiederum vor allem aufgrund der Ergebnisse der Bürgerbeteiligung mehrere, teils sogar weitreichende und für den Vorhabenträger sehr einschneidende Änderungen.

Jede Form der Beteiligung ist eine Form des Dialogs und eröffnet damit – mal mehr, mal weniger – die Perspektive der jeweils anderen Seite. Bei aller Unterschiedlichkeit, Interessenverschiedenheit und eben auch zunehmender Polarisierung ist es meines Erachtens für das Funktionieren unserer Gesellschaft entscheidend, im Gespräch zu bleiben. Bürgerbeteiligung mag für beide Seiten immer wieder auch frustrierend sein und ist kein Akzeptanzgarant. Dies sollte jedoch lediglich Anlass geben, nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen, nicht aber das Instrument der Beteiligung als solches in Frage stellen. Ich sehe hierin auch künftig ein entscheidendes Mittel, um zu akzeptanzfähigen Entscheidungen zu gelangen und Interessengegensätze zu befrieden. Dabei muss indes klar sein, dass es darum geht, gehört zu werden. Nicht geht es darum, eine Mitentscheidungsbefugnis einzuräumen.

… Allzu viel ist ungesund! Überfordern wir die Bevölkerung nicht mit immer mehr und immer neuen Angeboten von Partizipation und Aufrufen zu bürgerschaftlichem Engagement?

Die Informationsflut ist nicht zuletzt durch die zahlreichen medialen Angebote ausgesprochen groß. Auch ist an vielen Stellen bürgerschaftliches Engagement gefragt. Von einer Überforderung würde ich gleichwohl nicht sprechen. Die uns als Gesellschaft beschäftigenden Themen sind einfach vielschichtig und komplex und bürgerschaftliches Engagement ist wichtig. Daher ist es auch zu begrüßen, dass es vielfältige Angebote gibt, sich einzubringen. Ist die Information darüber gut aufbereitet, lässt sich in vertretbarer Zeit ein Überblick gewinnen und kann jede/r den Themenfeldern näher nachgehen, die persönlich für interessant und wichtig gehalten werden.

… Wo ist das Problem? Warum ist es eigentlich so schwierig, mit Bürgerinnen und Bürgern sachlich und konstruktiv in einen Dialog zu kommen?

Ich sehe hier vor allem zwei Probleme. Zum einen bestehen vielfach Vorurteile bzw. von dritter Seite interessengeleitete Falschinformationen, die auszuräumen, schwierig bis unmöglich ist. Zum anderen haben die Menschen ihre persönlichen Erfahrungen und individuellen Interessen, die aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen bzw. aufgrund übergeordneter Allgemeinwohlinteressen bei bestimmten zu treffenden Entscheidungen teilweise keine Rolle spielen. Wer beispielsweise eine Windenergieanlage in Sichtweite vor die Haustür gesetzt bekommt und sich daran stört, dass damit (vermeintlich) der Wert des eigenen Grundstücks sinkt, für den ist dies das zentrale Thema. Er wird aber feststellen müssen, dass dieser – wirkliche oder gefühlte – Nachteil kein relevanter Maßstab für die von der zuständigen Behörde zu treffende Entscheidung ist. Die gerade aus der individuellen Betroffenheit resultierende Empörung darüber kann dann leicht dazu führen, dass man sich den überzeugenden sachlichen Argumenten dafür verschließt und dem Denken in einem Freund-Feind-Schema verfällt.

… Was das kostet! Können wir uns den ganzen Aufwand überhaupt leisten, den wir mit Information, Bürgerbeteiligung und Akzeptanzmanagement heute treiben?

Aufwand und Kosten dürfen natürlich nicht aus dem Blick geraten. Hinzu kommt der Faktor Zeit. Viele wichtige Entscheidungen können zu spät kommen, weil das Bemühen um Akzeptanz nur mühsam vorankommt. Deshalb muss sorgfältig abgewogen werden, wo Entscheidungsprozesse beschleunigt werden müssen, gegebenenfalls auch zu Lasten der Qualität der Bürgerbeteiligung. Die Kosten, die für eine gute Bürgerbeteiligung aufgewandt werden, würde man nach meiner Erfahrung im Übrigen bei Verzicht auf eine Bürgerbeteiligung nur verlagern, aber nicht sparen; denn es gelingt nicht selten, durch die Mühen der Beteiligung Klagen abzuwenden, die ansonsten erhoben worden wären und dann in den meisten Fällen zu deutlich höheren Kosten geführt hätten.

… Und wann ist man erfolgreich? Wann ist – aus Ihrer Sicht – Bürgerbeteiligung tatsächlich gelungen?

Bürgerbeteiligung ist aus meiner Sicht dann gelungen, wenn eine nicht unerhebliche Anzahl von Bürger*innen eine Entscheidung nachvollziehen kann und – mögen die Betroffenen diese auch nach wie vor zutiefst ablehnen – beginnen, nach Wegen suchen, dieses Schicksal nun zu akzeptieren. Umgekehrt setzt eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung aber auch voraus, dass individuelle Opfer und Nachteile von den Entscheidungsträgern anerkannt und gebührend gewürdigt werden, sodass die Beteiligten sich wiedererkennen, gehört und respektiert fühlen können.

Und dann hätten wir noch ein paar persönliche Fragen:

… Unterscheiden Sie zwischen Erfolg und Zufriedenheit?

Ja, ich unterscheide zwischen Erfolg und Zufriedenheit. Nicht jeder Erfolg macht mich zugleich zufrieden und Zufriedenheit korreliert bei mir nicht zwingend mit erzielten Erfolgen. Ich räume aber ein, dass es schon einen gewissen Zusammenhang gibt. Erfolg und Zufriedenheit also nicht selten gemeinsam auftreten.

… Was wären Sie gern (beruflich), wenn Sie nicht das wären, was Sie heute sind?

Ich mag meinen Beruf, aber wenn ich einen anderen Beruf wählen müsste, so wäre ich gern Arzt.

… Welches Hobby hätten sie gern (das Sie heute nicht ausüben)?

Segeln

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