In vielen unserer Projekte geht es im Kern um Akzeptanzkommunikation. In unserem Verständnis richtet sich die Akzeptanzkommunikation immer nach dem Projektinhalt und Projektfortschritt aus und besteht aus Projektinformation und Partizipation.
Wir wissen um den normativen Charakter von „Beteiligung“ in unserer Gesellschaft. Aber für uns und in unseren Projekten ist „Beteiligung“, oder besser „Partizipation“, ein Mittel zum Zweck.
Unser Ziel ist nicht, möglichst viel und möglichst gute „Beteiligung“ durchzuführen, sondern ein Projekt zum Erfolg zu führen. Nicht alle Maßnahmen mit dem Etikett „Bürgerbeteiligung“ oder „Öffentlichkeitsbeteiligung“ dienen diesem Ziel.
Zwei Beispiele
In Hamburg wurde im Herbst eine Öffentlichkeitsbeteiligung für einen Wettbewerb für die “Freiraumgestaltung des Innovationspark Bergedorf” durchgeführt. Jeder konnte sich über eine Onlineplattform mit Wünschen, Hinweisen, Kommentaren beteiligen. Welche Relevanz diese Beiträge für das weitere Verfahren haben, erschloss sich dem Teilnehmer nicht unmittelbar. Naturgemäß waren die Rückmeldungen von sehr unterschiedlicher Art und Güte. Am Ende stehen sie jedoch gleichberechtigt nebeneinander. Wie kann so ein echter Beitrag zum Projektfortschritt geleistet werden? So entsteht Vielfalt – jedoch ohne erkennbare Struktur. Das ist Beteiligung um der Beteiligung willen.
Ein ganz anderer Ansatz wird in Taiwan verfolgt – dort wird digitale Demokratie als Werkzeug für Verständigung verstanden. Hinter dem Modell vTaiwan steht die Plattform Pol.is, ein Open-Source-Tool für digitale Gruppenentscheidungen und Meinungsbildung. Ursprünglich in den USA entwickelt, wurde Pol.is in Taiwan zu einem Schlüsselwerkzeug für konsensorientierte Demokratie.
Im Unterschied zu klassischen Beteiligungsformaten mit Kommentarspalten oder Like-Buttons analysiert Pol.is, wie Gruppen tatsächlich über Themen denken, und macht sichtbar, wo Zustimmung und Widerspruch verlaufen. Es geht nicht darum, wer recht hat – sondern darum, wo Einigkeit entstehen kann.
Das Prinzip ist ebenso einfach wie wirkungsvoll: Eine Behörde, Organisation oder Community eröffnet eine digitale Konversation zu einem konkreten Thema – etwa „Wie gestalten wir den Verkehr in Taipeh nachhaltiger?“ Bürgerinnen und Bürger können kurze, prägnante Aussagen beisteuern. Andere Teilnehmende reagieren darauf, indem sie zustimmen, nicht zustimmen oder eine Aussage überspringen. Es wird also nicht diskutiert, sondern bewertet.
Währenddessen wertet Pol.is die Rückmeldungen in Echtzeit aus. Das System erkennt automatisch Meinungscluster – also Gruppen mit ähnlichen Antwortmustern – und zeigt transparent, wo Konsens besteht und wo die Fronten verlaufen. Besonders interessant sind die sogenannten Brückenstatements. Das sind die Aussagen, denen Menschen aus unterschiedlichen Gruppen gleichzeitig zustimmen. Sie markieren jene Punkte, an denen Verständigung beginnt – die neuralgischen Schnittstellen zwischen gegensätzlichen Positionen.
Genau diese Brücken sind es, die den Ansatz so spannend machen: Sie zeigen, wo eine Gesellschaft trotz unterschiedlicher Perspektiven wieder zusammenfinden kann – datenbasiert, respektvoll und frei von Lautstärke.
Unser Fazit
Genau hier liegt für uns der interessante Ansatz.
Wir suchen keine maximale Beteiligung, sondern wirksame Beteiligung – solche, die Orientierung schafft, Dialog ermöglicht und den Projekterfolg stärkt. Darum interessieren uns Modelle wie Pol.is. Nicht, weil wir Beteiligung „machen“, sondern weil wir verstehen wollen, welche Beteiligungsformate in welcher Situation sinnvoll eingesetzt werden sollten, um einen maximalen Effekt für das Projekt zu erzielen.