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Sachsenwahl und Sprache: Alles leicht?

Sachsenwahl und Sprache: Alles leicht?

Wurde die Sachsenwahl vom Amtsinhaber Kretschmer etwa mit Leichtigkeit gewonnen? Es gibt viele formale Anzeichen dafür, diese Frage mit Ja zu beantworteten. Der Sachsenwahlkampf war buchstäblich ein Wahlkampf der „leichten Sprache“. Das begann bereits im Internet unter www.sachsenwahl.de. Alle nötigen Infos wurden dort auch unter dem Button „Leichte Sprache“ einfach und verständlich gemacht.

Die sogenannte „Leichte Sprache“ rückt im flüchtlings- und migrantenreichen Deutschland zunehmend ins öffentliche Bewusstsein. Immer mehr Internetauftritte, Broschüren und Flyer werden in einfacher Sprache gestaltet. Leichte Sprache im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) hat das Ziel, Menschen mit Leseschwierigkeiten die Teilhabe an Gesellschaft und Politik zu ermöglichen. Das geht heute soweit, dass auch der Deutschlandfunk mit „Nachrichten in leichter Sprache“ und dem Internetportal www.nachrichtenleicht.de aufwartet.

Die „Leichte Sprache“ zeichnet sich durch kurze Hauptsätze aus, weitgehenden Verzicht auf Nebensätze, die Verwendung von bekannten Wörtern, während schwierige Wörter erklärt werden. Das Schriftbild sollte klar, ohne Schnörkel (Serifen) und ausreichend groß sein. Nach jedem Satzzeichen sowie bei sinnvollen Satzabschnitten wird ein Absatz gemacht. Einfache Illustrationen sind besser als Fotos, auf denen zu viele Details zu sehen sind.

Leichte Sprache hat ihren Ursprung in der US-amerikanischen Organisation People First, die 1974 gegründet wurde und 1996 die Idee des Easy Read entwickelte. Diese Idee wurde auch in Deutschland aufgegriffen: 1997 entstand hier ein erstes offizielles Netzwerk von Menschen mit Lernschwierigkeiten, 2001 wurde der Verein Mensch gegründet, der zwei Wörterbücher in Leichter Sprache herausgab. 2006 entstand das Netzwerk Leichte Sprache in Deutschland.

Inzwischen scheint Sachsen zu einem Musterland der leichten Sprache aufgestiegen zu sein. Barbara Klepsch, Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz, ist jedenfalls im Regierungsinternet besonders stolz darauf und preist ihren digitalen Textprüfer für Leichte Sprache. Er checkt jeden Text nach den grundlegenden Regeln:

  • Haben Ihre Sätze zu viele Wörter?
  • Haben Sie Fremdwörter oder schwere Wörter verwendet?
  • Haben Sie Schachtelsätze gebaut?

„Der Prüfer hilft jedem, die Schwachstellen seines Textes zu erkennen, und gibt Tipps zur Verbesserung“, so die Erläuterung der Staatsministerin.

Nun war die AfD offenbar die erste Partei, die ihre Wahlkampfparolen hier eingab und – Achtung Ironie: Der Simplifizierung der Aussage wurde Genüge getan, der Verbesserung nicht. Heraus kam simple Sprache wie etwa: „Der Islam? Passt nicht zu unserer Küche!“, „Bikinis statt Burkas!“, „Wir sind das Volk!“ oder „Messestadt hat Messer satt“. Diese einfache Sprache verfing jedoch. Die AfD konnte allein knapp 250.000 Nichtwähler an den Urnen versammeln und wurde zweitstärkste Kraft der Sachsenwahl.

Doch zum Glück ist leichte Sprache nicht alles. Es gab auch in Sachsen in der Mehrzahl Wähler, denen ging es dann doch um Inhalte. So kann CDU-Ministerpräsident Kretschmer erneut eine populistenfreie Landesregierung aufbauen. Uffff.

Die Kraft des einfachen Wortes darf niemand mehr unterschätzen. Gemessen werden Politiker jedoch immer noch vor allem an ihren Taten.

 

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