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Ein aktuelles Beispiel zu Notwendigkeit und Möglichkeiten, Partizipation zu steuern

Partizipationssteuerung: Notwendigkeit und Möglichkeiten an einem aktuellen Beispiel

Mit der Partizipation („Bürgerbeteiligung“) ist das so eine Sache. Sie ist eine gesellschaftliche Norm: es ist gut und gesellschaftlich erwünscht, wenn sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger engagieren. Auf der anderen Seite erfolgt Partizipation praktisch nie ohne akteurs- und projektspezifisches Ziel. Jeder, der Partizipation organisiert und durchführt, verfolgt damit einen Zweck. Und das ist grundsätzlich legitim. Auch deshalb muss man Partizipationsprozesse sorgfältig planen. Das schließt auch die Steuerung des Prozesses ein. Sonst kann es schnell ärgerlich werden.

In einer großen Stadt in Mitteldeutschland, der das Büro Hitschfeld sehr verbunden ist, gibt es zentrumsnah ein gründerzeitliches Quartier, in dem das Anwohnerparken eingeführt werden soll(te). Neben anderen, vorbereitenden Maßnahmen wurde durch die Kommune der – bekannte und aktive – Bürgerverein des Viertels in die Diskussion des Projekts einbezogen. Je näher der Tag des Projektstarts rückte, umso mehr Unmut machte sich – auch medial – Luft. Insbesondere meldeten sich Gewerbetreibende des Viertels, klagen, nicht gehört worden zu sein und rüde von der Verwaltung behandelt zu werden. Der Konflikt eskalierte, das Projekt musste (b.a.w.) gestoppt werden.

Bei der Entwicklung des Designs von Partizipationsprozessen trifft man oft auf das Problem der Stabilität und der Zuverlässigkeit von Bürgerengagement. Es ist eben nicht so, dass ein Bürgerverein immer alle Interessen eines Quartiers repräsentiert, es als seine Aufgabe versteht oder die Möglichkeit (Know-how, Manpower) hat, Meinungsbildung über die eigene Mitgliederschaft hinaus zu organisieren, getroffene Verabredungen zu kommunizieren und ggf. auch durchzusetzen.

Bürgerbeteiligung ist nur sehr selten mit Verhandlungen z. B. von Tarifpartnern oder Parteien vergleichbar, die sich nach geschriebenen oder ungeschriebenen, ritualisierten Regeln vollziehen und – meistens – zu einem Ergebnis führen.

Bürgerschaftliches Engagement, mehr oder weniger organisiert in Initiativen oder Vereinen, ist instabil und verfügt nicht unbedingt über das Know-how sowie die nötigen Ressourcen, seine Rolle in einem Partizipationsprozess auszufüllen. Das ist ein Problem, das Projektträger, öffentliche Verwaltungen und Politik von Beginn an berücksichtigen müssen.

Bei der Entwicklung des Designs eines Partizipationsprozesses kann man dies berücksichtigen, z. B. durch:

  • die Identifikation projektrelevanter Akteure im Projektgebiet und darüber hinaus unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessenlagen,
  • die Abschätzung der Möglichkeiten und Grenzen relevanter Akteure,
  • den Einsatz eines Sets von aufeinander bezogenen Kommunikationsmaßnahmen auf der Zeitachse,
  • den Einbau von Feedback-Schleifen in den Kommunikationsprozess,
  • die Entwicklung und Sicherung von Verfahrens- und Kommunikationskompetenz bei wichtigen Akteuren und die Bereitstellung der dafür notwendigen Ressourcen u.a.m.

Ein wesentlicher Faktor für die Akzeptanz eines Projektes ist die Legitimität des Verfahrens, mit dem es entwickelt, genehmigt und umgesetzt wird. Gerade bei Projekten des öffentlichen Interesses kann man diesen Aspekt nicht hoch genug einschätzen. Projektdesign und Steuerung von Partizipationsprozessen entscheiden deshalb in unseren Tagen nicht selten über Erfolg oder Misserfolg von Projekten.

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