Blog - Aktuelle Neuigkeiten

bulletin-board-3127287__340

Beschleunigung von Planungsverfahren – Über das Potential einer alten Idee

Es gibt Sprachbilder, in denen Gegensätze vereint werden. Die machen sofort die Unmöglichkeit klar und lösen beim Adressaten oft ein Lächeln aus. Die berühmte „eierlegende Wollmilchsau“ ist ein solcher Begriff.

Die Notwendigkeit der „Beschleunigung von Planungsverfahren“ hat das Potential, einen Platz an herausgehobener Stelle in diesem Club der Phrasen zugewiesen zu bekommen.

Gleichzeitig ein alter Hut und brandaktuell zu sein, Alarm und Gähnen zur gleichen Zeit – wo gibt es das schon?

Am 10. Mai 2022 sagte Kanzler Scholz beim Baustart des neuen Bahnwerks in Cottbus: „Zukunftsprojekte auf den Gebieten Energie, Infrastruktur, Bau und Umweltrecht werden wir in der Hälfte der Zeit planen und genehmigen. Noch in diesem Jahr wird die Bundesregierung alle Entscheidungen treffen, die dafür notwendig sind.“

Und für die Zuhörer, die zu überlegen begannen, ob dies nun eher eine Drohung oder eine Verheißung sei, gab es die Hilfestellung, dass dies „eine gute Nachricht“ sei.

Schieben wir allen unangebrachten Zynismus beiseite (wann ist Zynismus eigentlich angebracht?) und blicken mit der Erfahrung auf das Thema, die wir bei der Begleitung vieler, sehr unterschiedlicher Planungsverfahren in den letzten Jahren gesammelt haben. Was geht, was könnte gehen?

Sinnvoll ist zunächst eine Unterscheidung der Verfahren zwischen gerichtlichen und Verwaltungsverfahren, denen wir hier auch die vorgelagerten, freiwilligen Formate von Bürgerbeteiligung und Information zurechnen wollen.

Bei diesen Verwaltungsverfahren gibt es in der Tat einige Stellschrauben, an denen man ansetzen könnte, zum Beispiel:

  • klare Positionierung und Unterstützung der Politik für das Projekt – auch bei „schlechtem Wetter“
  • bessere Ausstattung der Behörden und Entwicklung einer anderen Fehlerkultur
  • weniger Naivität bei Bürgerbeteiligung! Bürgerbeteiligung ist in der Regel nicht dazu da, Konsens herzustellen oder zu diskutieren, bis alle müde sind. Bürgerbeteiligung soll gute Entscheidungen vorbereiten – aber es muss auch entschieden werden!
  • Konzentration der (Bekanntmachung von) Bürgerbeteiligung auf (wenige) Regeltermine im Jahr um die Planbarkeit von Bürgerbeteiligung für alle Akteure, insbesondere aber für die Bürgerinnen und Bürger zu verbessern.

Die Stellschrauben im Bereich der gerichtlichen Auseinandersetzungen scheinen deutlich überschaubarer zu sein, weil sie überwiegend in der Zuständigkeit der EU liegen. Darüber hinaus gibt es „Dauerbrenner“:

  • bessere materielle und personelle Ausstattung der Gerichte
  • bessere, klarere Gesetze und Rechtsvorschriften.

Schaut man auf dieses Tableau von Möglichkeiten, kann man erhebliche Zweifel haben, ob das vom Kanzler formulierte Ziel tatsächlich erreichbar ist. Und wahrscheinlich bleibt allen Akteuren die mühsame Aufgabe, den Dschungel der Planungsverfahren mit der Machete auszulichten und nicht auf den großen Wurf zu warten.

Ein Beispiel dafür hat die DENA mit ihrem Papier „12 ergänzende Vorschläge für das „Wind-an-Land-Gesetz“ vom Juni 2022 veröffentlicht.

PS: Der Managerkreis der Friedrich-Ebert-Stiftung hat zu diesem Thema eine öffentliche Podiumsdiskussion am 22. Juni 2022 durchgeführt. Einige Ideen aus dieser Veranstaltung sind in diesen Beitrag eingegangen.

Eintrag teilen
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner